Basler Zeitung, Samstag, 3. November 2018

RegioTVplus 2018 / KW22
29. Juni 2017: BiBo-Bericht über 2. Generalversammlung
30. Juni 2016: BiBo-Bericht über 1. Generalversammlung
Geschichte der Brauereigenossenschaft Oberwil Waldschlössli
Oberwil – ein Bierdorf? Wer hätte gedacht, dass in Oberwil einst bis zu 6‘000 Hektoliter Bier pro Jahr produziert und dieses sogar in Basel im „Restaurant Bierhalle Oberwil“ ausgeschenkt wurde? In einem Dorf, in dem 1‘700 Menschen lebten und es über 10 florierende Beizen gab. Doch die Brauerei Oberwil an der Kreuzstrasse hat eine wechselvolle Geschichte und gab einem ganzen Dorfteil seinen Namen: das Brauereiquartier.

Karl Glenck-Biedert benennt 1903 die Oberwiler Brauerei in „Brauerei Waldschössli“ um. „Hopfen und Malz, Gott erhalt’s“ steht auf dem Fass zwischen zwei Brausternen (A Ry)
Nach einem Brand und spektakulären Strafprozess übernahmen im Juli 1901 die Eheleute Elise und Karl Glenck-Biedert von Aarau die Brauerei. Sie liessen sie unter dem Firmennamen „Brauerei Feldschlössli Oberwil“ als Kommanditgesellschaft eintragen. 1903 wurde die Brauerei in „Waldschlössli“ umbenannt und bereits wieder verkauft. Die öffentliche Versteigerung wurde wiederum im Restaurant Schwanen durchgeführt, zum Erwerb angeboten wurden: „Brauerei-Gebäulichkeiten mit Maschinenhaus, Eiskeller, Stallung, Schopf und freistehendem Wohnhaus, 120a umliegendes Acker- und Mattland“. In den Verkauf gehen mit die gesamten Einrichtungen, Maschinen, Lager- und Transportfässer etc., sowie der Viehbestand.“ Im November 1903 übernahmen Fritz Schleech aus Cresbach, Württemberg, Josef Grellinger, Emil Hügin, Anton Hügin, Paul Laub, Theophil Zumthor die Brauerei und liessen sie im Handelsregister unter dem Namen „Brauerei Waldschlössli Oberwil Fritz Schleech & Cie.“ als Kollektivgesellschaft eintragen. Fritz Schleech ist zu dieser Zeit auch Besitzer des Restaurant Jägerstübli am Bahnhof der Birsigtalbahn in Oberwil, Josef Grellinger Eigentümer des Restaurant Bahnhöfli und Paul Laub Inhaber des „Glaspalastes“. Im November 1905 erlosch die zwei Jahre zuvor gegründete Kollektivgesellschaft bereits wieder, die Aktiven und Passiven gingen an die „Brauereigenossenschaft Walschlössli“ Oberwil über. Die Genossenschaft führte in ihren Statuten ihre Zwecke auf: „die Übernahme der Aktiven und Passiven der Kollektivgesellschaft „Brauerei Waldschlössli Oberwil Freitz Schleech& Cie.“ sowie deren Kunden, denen durch den Beitritt zur Genossenschaft die Beteiligung am Ertrage des Geschäfts nach Massgabe der Statuten zugesichert werden soll. (…) Die Dauer der Genossenschaft ist unbestimmt. Jede Person, welche in bürgerlichen Ehren und Rechten steht und verpflichtungsfähig ist, kann Mitglied der Genossenschaft werden. Die Annahme hat schriftlich beim Vorstand zu geschehen, welcher über die Aufnahme beschliesst.“ 1907 erwarb die Brauereigenossenschaft Waldschlössli die Liegenschaft in der Haltingerstrasse 11 in Basel, 2 Jahre später wurde Emil Oser-Hügin als Nachfolger für den zurücktretenden Anton Hügin-Degen als Mitglied der Direktion gewählt. Bereits am 18. November 1915 löste sich, in Mitten des Ersten Weltkrieges, die Genossenschaft infolge Konkurs auf. Das Gebäude wurde nach dem Konkurs der Brauerei vom Allgemeinen Consumverein (ACV) übernommen. Gemäss Brandlagerbuch gehörten zur Liegenschaft eine Brennerei, ein Gährraum, ein Gährkeller, ein Eiskeller mit Isoliermauern, ein Flaschenkeller, Magazine, ein Maschinenraum, Lagerräume, ein Kohleraum, ein Warenkeller und im Obergeschoss Wohnräume. Der ACV liess hier ein grosses Zentrallager einrichten, später betrieb der ACV in diesem Gebäude eine Bäckerei sowie einen Konsum. Neben dem Konsum Unterdorf und Konsum Oberdorf war dieser Laden im Brauereiquartier das dritte ACV Verkaufslokal in Oberwil für Lebensmittel.
Nach dem Konkurs der Brauerei Waldschlössli, übernahm der Allgemeine Consumverein ACV das Gebäude (Archiv Coop Basel).
Rund 100 Jahre nach dem Konkurs der „Brauereigenossenschaft Waldschössli Oberwil“, liessen im Dezember 2015 zwölf Kolleginnen und Kollegen den Namen der Brauerei wieder ins Handelsregister eintragen. Die Gründungsversammlung fand im „Schnäggechäller“ des „Bürgerhus Ochsen“ statt. Ziel ist die Pflege und Erhaltung der alten Oberwiler Biertradition.
Restaurant Oberwilerhalle an der Birsstrasse 4 in Basel. Foto um 1912 (Quelle: Die Geschichte der Brauereien beider Basel und Rheinfeldens, Mario Nanni, Reinhardt Verlag)

Originalbügelverschluss einer historischen Flasche der Brauerei Oberwil (Ry)

Werbeanzeige vom 24. Mai 1899 (Quelle: Die Geschichte der Brauereien beider Basel und Rheinfeldens, Mario Nanni, Reinhardt Verlag)

Verkauf der Brauerei Oberwil, Publikation vom 5. Juli 1903 (Quelle: Die Geschichte der Brauereien beider Basel und Rheinfeldens, Mario Nanni, Reinhardt Verlag)